25
Mai
2014

Danach

Bekannterweise habe ich gestern ein paar Sonaten gespielt. Das war ein interessantes Erlebnis. Ursprünglich war ich schon ein bisschen skeptisch gewesen, wie das mit dem Eventmanagement funktionieren würde. Es hat im Prinzip überhaupt nicht funktioniert, denn die notwendigen Stellen waren durch Personen verlinkt, die kein besonderes Interesse daran hatten.
Das endete damit, dass das Personal der Gallerie keine Ahnung hatte, dass ein Konzert stattfinden sollte. Das wurde mir von dem Herrn mitgeteilt, der schon etwas früher als ich dort war und mir später die Seiten umblättern sollte. Aber er beruhigte mich auch gleich und meinte, das wäre dort so üblich, das würden wir schon in den Griff bekommen. Tatsächlich wurde rasch der Flügel in Position geschoben und Sessel aufgebaut. Das scheint dort Routine zu sein.
Trotzdem war ich etwas skeptisch, ob mögliche Zuhörer auch die richtigen Hinweise erhalten würden, wo sie hinmüssten.
Das wir in der Gallerie kein Catering einladen durften, war aufgrund der ausgestellten Bilder und eines möglichen Risikos verständlich. Stattdessen brachte ich Mozartkugeln für eine allfällige Pause mit. Schließlich hieß das Programm "Wiener Klassik".
Die Probe mit dem Umblättern funktionierte sehr gut. Mein Helfer ist der Leiter der Kulturorganisation spanac, Dirigent, Chorleiter und Musikwissenschaftler. Klavierspielen konnte er auch, also war in dieser Richtung alles abgesichert.
-
Zwischen der Probe und dem Konzert gab es noch eine Bildvortrag der Akademie, was mich mit Sorge erfüllte, ob die Zuhörer rechtzeitig verschwinden würden, um mir Platz zu machen. Meine Mitarbeiterin, Nenad und ich setzten uns inzwischen in ein Kaffeehaus. Auf dem Weg dahin kamen wir an einem Straßenkonzert vorbei. Nenad erzählte, dass da viele seiner Sänger vom Chor mitmachen würden. Der Chor klang sehr gut. Im Kaffeehaus stieß noch ein alter Bekannter zu uns, ein Kulturmanager, der mir die Videoaufnahmen gemanagt hatte. Er wusste über die Schwierigkeiten in der Gallerie Bescheid und nannte mir andere Plätze, wo ich künftig Konzerte veranstalten könnte, wenn ich das wollte. Als wir im Kaffee saßen, kamen eine Menge Personen vorbei, die entweder Nenad oder Nikola, den Manager, kannten. Irgendwie erzeugte das eine beruhigende Wirkung. Wir gingen zur Galerie zurück und tatsächlich hörte der Vortrag fünfzehn Minuten vor Konzertbeginn auf. Ich sah auch die ersten Gäste, doch ich verlor ein bisschen den Überblick und kündigte an, dass wir erst um viertel acht beginnen würden. Ich stand ein bisschen auf der Knez Mihajlova herum, um allfällige verirrte Zuhörer aufzusammeln. Als ich wieder hineinkam, war ich erstaunt, dass alle Sessel besetzt waren, ich ersuchte, dass noch eine zusätzliche Reihe aufgestellt werden würde. Das klappte überraschend schnell und gut.
Insgesamt waren jetzt als sechzig Zuhörer versammelt, von denen ich die meisten recht gut kannte. Auch der Außenhandelsdelegierte mit seiner Frau und Tochter war gekommen. Ich hatte ihn eingeladen, weil ich wusste, dass seine Frau und Tochter sehr interessiert sein würden.
Ich wurde vom Direkter des mathematischen Instituts der serbischen Akademie für Wissenschaft und Kunst vorgestellt.
Dann begann ich mit der Geschichte des "Events". Ursprünglich als eine "lecture" geplant mit einem musikalischen Bonus, hatte sich die Programmgestaltung komplett umgedreht. Jetzt war es ein Konzert geworden - mit fünf Minuten "lecture", in denen ich das Testen eines Flügels mit dem Testen von Software verglich. Ich legte das etwas humorig an und hielt mich kürzer, als es Personen von mir kennen.
Dann begann ich die Mozart-Sonate anzusagen.
Die musikalische Leistung möchte ich hier nicht beschreiben. Ich bemerkte aber, dass die Finger genauso nass waren, wie bei meinen ersten Schülerkonzerten. Der Schweiß rann mir über die Stirn. Es war warm, zusätzlich gab es die Spots und die Anstrengung war spürbar. Trotzdem fühlte ich mich zusehends wohler und der Beethoven lief ohne Probleme. Dann gab es eine Pause, in der die Mozartkugeln verteilt wurden. Die Videofilmer waren sehr zufrieden. Das Ambiente war ja mit den Bildern sehr attraktiv. Nach einer kurzen Zeit ging es mit Schubert weiter.
Als Zugabe stellte ich eine kurze und eine lange zur Wahl. Es wurde die lange gewünscht. Die hätte ich sowieso gespielt, weil ich sie mit einer Bemerkung zur Flutkatastrophe einleitete und den Opfern der Überschwemmungen widmete. Ich spielte den langsamen Satz der letzten Schubert-Sonate und winkte ab, als sie nachher applaudieren wollten. Insgesamt gab es dann aber doch noch einen Schlussapplaus und anschließend eine Menge Komplimente. Was für mich mehr zählte, war der Überraschungseffekt, den ich bei einigen erzielt hatte. Sie werden Werbeträger sein, falls ich noch einmal so etwas veranstalte. Im Prinzip mache ich es ja auch als Image-Werbung für meine Firma und hoffe auf den Übertragungseffekt.
Um halb zehn war Schluss, also tatsächlich ein vollständiger Konzertabend. Ich hatte auch alle Wiederholungen ausgespielt.
Ich hatte tagsüber nichts gegessen und auch nach dem Konzert war mein Appetit ziemlich reduziert. Ich war ganz schön müde und erschöpft.
Das emotionale Fazit war allerdings: sehr zufrieden:)
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die Erfahrungen genießend

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abohn - 7. Mai, 09:56
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abohn - 25. Apr, 15:30
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Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

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