Musik

21
Okt
2010

Keine Frauen in der Musik

Die bei ConAlma aufgeworfene Frage hat heute bei mir zu einer spontanen Kausalitätsüberlegung in einem ganz anderen Bereich geführt. KittyKoma schreibt, dass Männer immer überrascht sind, wenn sie sich als Science-Fiction-interessiert outet. Anscheinend lesen viel weniger Frauen Science-Fiction als Männer.
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Ich bringe nun diese beiden Themen zusammen. Vielleicht sind Frauen realitätsbezogener. Sie träumen nicht von der Zukunft. Vielmehr scheint es Trend zu sein, "das Leben im Jetzt" zu verfraulichen.
Wenn man nun überlegt, dass die meisten klassischen, E- oder sonstwie etablierten Altmusiker erst nach ihrem Abkratzen berühmt wurden, könnte man schließen, dass Musik einen Traum des Komponisten erfüllt. Und es geht um Träume der Zukunft.
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Sic.
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Nachtrag: und keiner von denen, die erst später berühmt wurden, konnte sich vorstellen, dass ihn seine Mitmenschen einfach nicht verstehen konnten.
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ETEA und Sex

Eine der ersten Opern, die ich wirklich in der Oper sah, waren Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach. (Die erste war der Rosenkavalier, den ich mit 15 Jahren auf dem Stehplatz sah.)
Wie allgemein üblich erzählte mir mein Vater vorher die Handlung und machte mich auf die Hintergründe der Oper aufmerksam. Das muss einem erst einmal mitgegeben werden.
Er sprach von Etea Hoffmann und ich war vom Namen Etea schon aus phonetischen Gründen sehr begeistert. Erst später lernte ich, dass es eigentlich E. T. A. hieß, wobei das A. für Amadeus stand. Hoffmann hatte in Verehrung von Mozart aus seinem Wilhelm einen Amadeus gemacht.
Ich fand es jedenfalls romantisch, als wir dann in der Schule das "Fräulein von Scuderi" lesen mussten. Ich war stolz darauf, so etwas zu lesen und der Name Cardillac prägte sich mir ein. Als ich vielleicht zehn Jahre später das erste Mal von der (nicht d i e ) Oper Cardillac von Paul Hindemith hörte, konnte ich mich noch erinnern, was Cardillac für eine Rolle gespielt hatte. Weiteres von der Oper bekam ich nicht zu dem Zeitpunkt nicht mit. Von Hindemith kannte ich den Ludus tonalis und Mathis der Maler (diesmal ohne h) und ich mochte Hindemith. Erstens weil er mir gefiel, zweitens weil offensichtlich mein Vater, mein Klavierlehrer und ein weiterer Klavierprofessor von der Musikhochschule ihn sehr wertschätzten. (Ich lasse mich auch von Gruppenmeinungen anstecken, allerdings sind es in der Regel sehr kleine Gruppen.)
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Heute fand ich (anläßlich der 2. Aufführung einer neuen Inszenierung des Werks) einen Grund, als Österreicher auf etwas stolz zu sein. Viel Anlass gibt uns unsere Regierung ja heutzutage nicht. Doch der Umstand, dass diese Oper in einer derartig fantastischen Aufführung in Wien zustande kommen kann, spricht für Wien und auch für unser Land.
Wer sich für die diversen positiven Kritiken inszeniert, kann die in den größeren Tageszeitungen nachlesen. Einer der Kritiker, ich glaube in der Presse, nahm sogar seine Kritik an dem Regisseur Sven-Eric Bechtolf anläßlich der neuen Wagner-Aufführung zurück, indem er behauptete, dass er jetzt erst die Größe von SEB erkennen würde.
Die Regie, die einen lebenden Holzschnitt zelebriert - mit einigen Highlights wie den goldenen Türen, den goldenen Schmuck und den goldenen, toten Cardillac - ist großartig. Ich kann gar nicht alle die Details aufzählen, die da auffallen.
Die Musik ist wunderschön; ich kann mir aber vorstellen, dass sie nicht jedem beim ersten Mal Hören eingängig ist. Die Sänger, das Orchester und der Dirigent mehr als tadellos.
Vieles könnte ich jetzt aus den Interviews mit SEB und dem Dirigenten Welser-Möst zitieren, über das Künstlertum, über die Kunst, eine ganze Reihe von Zitaten, die zum Nachdenken rühren würden.
Statt dessen gebe ich hier aus dem Libretto von Ferdinand Lion ein paar Strophen wieder, die mich stark beeindruckt haben. Die haben natürlich mit Sex zu tun, was sollte mich sonst beeindrucken?

zum Kontext
Cardillac ist Goldschmied. Die Käufer seiner Schmuckstücke fallen alle geheimnisvollen Morden zum Opfer. Es gilt als riskant, ein Schmuckstück von ihm zu erwerben.

Dame:
So bringt mir das Schönste, was Cardillac je schuf!
Heut um Mitternacht steht meine Tür Euch offen.
Und Bogen des Munds, und Pfeil des Blicks
sind Euer Eigentum.


Ich finde das schon eine sehr poetische Umschreibung für den Akt des sich Hingebens. Ein bisschen stört mich ja, dass "die Dame" offensichtlich den Kick des besonderen Schmuckstücks begehrt. Das klingt so, als wäre ihr der Kavalier recht egal.

Das das nicht so ist, zeigt der spätere Verlauf:

Dame: (allein wartend)
(Schlafzimmer der Dame)

Die Zeit vergeht. Rose zerfiel.
Der Nachtwind weht um meine Lippen kühl.
Ist er schon hier?
Sofort verlass die Oberwelt ich, die ich hass',
Will unter ihm, von ihm allein
unendlich tief begraben sein.


(Da ist der Schmuck ja eigentlich schon recht egal. Es geht aber noch weiter.)

Küss ich die Luft? Still ich die Glut?
Geöffnet lieg ich bis aufs Blut.

Und sterbe hin, durchbohrt, verzehrt, begehrend,
dass er mich begehrt.
Doch alles steht stumm in der Welt.
Nur Nachtwind weht durch meine Lippen kühl.


In der weiteren Regieanweisung kommen vor:
"Nach und nach vergessen sie den Schmuck und denken nur noch an sich. ...
Dann während beide in Liebesvergessenheit versunken sind, ist jener [der Mörder] mit einem Satz ins Zimmer gesprungen.
Den Rest kann man sich vorstellen.

Es gibt in der Oper kein Liebesduett. Doch während dieser Szene im Schlafzimmer der Dame ist die Musik schon besonders nett.
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Die Oper war übrigens ausverkauft. Und ich habe keinen leeren Platz gesehen.
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10
Okt
2010

Wann ich mich geniere

Das ist dann der Fall, wenn ich die Neunte Mahler nicht nach wenigen Takten erkenne. Ja Mahler schon, aber welche?
(auf Ö1 gerade zu hören)
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18
Jul
2010

Komische Frage

Klassische Musik
Mögen Sie klassische Musik?

ja
nein

  Resultate

steppenhund, 09:24h.


Kommentare willkommen
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17
Jul
2010

Whoopy oder Mihaela

In der vergangenen Woche habe ich einige sehr bewegende Filme mit Whoopy Goldberg gesehen, darunter Kaffee, Milch Zucker.
Eigentlich wollte ich mir heute ihren Auftritt anläßlich des Life-Balls ansehen.
Auf 3SAT gibt es aber ein ziemlich gutes Konkurrenzprogramm: das Eröffnungskonzert des MDR-Musiksommers, übertragen aus Zwickau mit Werken von Robert Schumann.
Die ausführende Pianistin des Schumann-Klavierkonzertes ist Mihaela Ursulaesa.
Blendende und sehr interessante Interpretation.
Beim Stöbern bin ich auf folgendes Interview gestossen, von dem ich ein paar Ausschnitte zitiere.

Er [ihr Vater] erkannte, dass er mir die Kunst dieses Instruments ordentlich beibringen musste, sagte aber immer wieder, es sei nicht nur Spaß sondern auch sehr viel Arbeit. Talent und Leidenschaft sind dabei die Grundelemente, versteht sich.


Ich hatte dann das Glück, paradoxerweise durch diese Lehrerin, dem Dirigenten und Mentor vieler junger Talente, Claudio Abbado, 1990 in Wien vorzuspielen. Der „Zweck“ waren mögliche Auftritte mit ihm. Daraus wurde nichts, da Abbado kein Fan von schnellen, oberflächlich aufgebauten Karrieren war, die genauso schnell wieder verblassen. Stattdessen gab er mir den Rat, in Wien zu studieren und mit Konzerten zu pausieren. Mein Mentor auf der damaligen Hochschule für Musik und darstellende Kunst war Professor Heinz Medjimorec, ...
[Hervorhebung von mir. Ich schätze Medjimorec wirklich sehr]

Auf die Frage nach dem Lieblingskomponisten:

Eine schwierige Frage. Ich könnte fast sagen, mein geheimer Geliebter wäre Schumann. Oder Brahms? Da wäre aber noch Mozart, das Genie, Beethoven, der Revolutionär oder Chopin, der unheilbare Romantiker. Und wohin mit Sarkasten wie Prokofiev und Stravinski? Oder Impressionisten wie Ravel und Debussy?

[Eine wunderbare Antwort. Es geht nicht um einen.]

Ich verstehe nicht, warum klassische Musik Kindern als etwas sehr Langweiliges und Ernstes dargestellt wird. Natürlich verlangt klassische Musik eine spezielle Erziehung. Es ist keine leichte Musik mit pausenlos wiederholenden Tönen. Es ist mehr wie eine Sprache, die man lernen muss. Ich habe viele Kinder erlebt, die begeistert darauf ansprachen, sogar mit dem Wunsch, auch selbst ein Instrument spielen zu können, nachdem man ihnen gezeigt hat, dass klassische Musik sehr viel Spaß machen kann.
[Sie spricht im weiteren an, dass in Wien in dieser Beziehung einiges gemacht wird. Aber so wie bei ihr selbst auch ist das größte Antriebsmoment das Vorleben durch die Eltern. Es funktioniert nicht immer, aber die Wahrscheinlichkeit ist weitaus größer, dass es funktioniert, wenn klassische Musik im Elternhaus eine Selbstverständlichkeit ist.
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16
Jul
2010

Verständnis

Ein Liebhaber hat die 7. von Bruckner unter Mariss Jansons auf 10 Stücke verteilt und in youtube gestellt.
Der Abschnitt 6 ist die Coda des 2. Satzes, des Adagios. Diese Coda zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich vom restlichen Satz in Thematik und Stimmung unterscheidet.
Eben gibt es noch in Abschnitt 5 einen lautstarken Höhepunkt und danach folgt eine unheimliche Trauermusik, die einem Marsch in der 5. Mahler in nichts nachsteht.
https://www.youtube.com/watch?v=bXe-XtJE8cM
Wenn jemand wirklich wissen will, was traurige Musik ist, sollte er da hineinhören.
Bruckner hatte während des Komponierens am Adagio erfahren, dass Richard Wagner gestorben war.
Der Rest liegt in der Musik.
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4
Jul
2010

Heimat

"Ein echter Wiener ist nur der, dessen Eltern aus den Kronkolonien eingewandert sind." Später musste dieser Satz auf Großeltern erweitert werden.
Da bin ich voll inkludiert, obwohl ich ja eh kein Wiener sondern ein Linzer bin. Zwei Großeltern kamen aus Wagstadt (Mähren), zwei aus Troppau (Böhmen).
Mein Ururgroßvater war ein Bierbrauer in Prag. Das finde ich auch ziemlich gut.
Der Anlass für diese Betrachtungen, die nicht neu sind, liegt im heutigen Radioprogramm begründet.
Nikolaus Harnoncourt dirigiert Smetanas "Ma Vlast" (Mein Vaterland), von dem die meisten ja nur den zweiten Teil, "die Moldau", kennen.
Nicht nur dass Smetanas "Die verkaufte Braut" zu unseren fünf Haus- und Hofopern zuhause zählten, lange war sie meine absolute Lieblingsoper.
Genauso begeistert war ich nach anfänglichem Zögern von Janaceks "Im Nebel". Das sind vier Klavierstücke über seine Jugend in Verbindung mit seiner Heimat. Es war mühsam, dieselben zu erarbeiten. Doch selbst heute setze ich mich manchmal spontan damit ans Klavier.



Wenn ich Heimat empfinde, dann geschieht es über den Transport der Musik.
Und natürlich ist dann Schubert und Mahler ebenfalls "heimatlich" belegt.
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30
Jun
2010

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Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

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