25
Jul
2019

NAIV

Noch etwas über das Klavierspiel
(Achtung: langer Text - der mir selbst aber sehr viel bedeutet)

1991 oder 1992 gab es noch kein www und kein google. Es war nicht möglich, einfach nachzusehen, was über eine bestimmte Person bekannt war.

Mein Chef sagte mir einfach, ich solle doch schauen, ob ich nicht mit einem russischen Pianisten (in Wirklichkeit war er ukrainisch, aber die staatliche Unterscheidung wurde erst später relevant) einen Abend verbringen wollte. Mein Chef hatte bei einer gemeinsamen Leningrad-Reise (so hieß die Stadt damals noch) mitbekommen, dass ich mich ausreichend auf russisch unterhalten konnte. Ich war sehr interessiert und konnte A. S. zum Heurigen einladen. Es war der Heurige Nirscher, der gerade von Pötzleinsdorf nach Klosterneuburg umgezogen war. Wir blieben dort, bis uns die Kellner um dreiviertel eins hinauswarfen. Die Unterhaltung war einfach so angeregt. Da ich ihn in den 4. Bezirk zu Freunden brachte, wo er wohnte, lud er mich ein, hochzukommen. Es wurde gerade der Besuch von russischen Freunden gefeiert. Die waren an dem Tag angekommen und hatten "russisches" Brot mitgebracht. Um vier Uhr verließ ich dann die Gesellschaft, nicht ohne für den nächsten Tag noch einen Ausflug mit A. S. in die Wachau verabredet zu haben. Mein Auto war damals der 350SE mit einer sehr guten Stereoanlage und wir hörten uns verschiedene Muster an. Aber meistens sprachen wir.

A.S. erzählte mir über die Bedeutung der Kriegssonaten 6,7 und 8 von Prokofiev, die 7. hatte ich schon sehr gut gekannt. Er erzählte mir sehr viel über Franz Liszt, den ich von seinen Erzählungen in einem völlig anderen Licht kennen lernte. Der Tag verging so schnell und er war mit unzähligen Erzählungen und Erklärungen gefüllt. Am nächsten Tag traf ich ihn noch einmal. Er bedankte sich bei mir (???) und schenkte mir eine Kassette, auf der die Liszt- und die Prokofiev-Sonate von ihm eingespielt waren. In Wirklichkeit hätte ich ihm noch etwas schenken müssen, denn seine Erklärungen waren fantastisch.

Er ist leider schon 2008 verstorben. Es ist aus dem verlinkten Text ersichtlich. Er war ein großartiger Mensch.

Nachtrag: was ich damals nicht wusste: Er war Schüler bei Neuhaus und Protegé von Svatoslav Richter. Die größten Musiker der zweiten Hälfte des 19. Jhds haben sich überschwenglich über ihn geäußert. Und so saß ich neben einem der bedeutendsten Pianisten ohne es zu wissen. Sein Name ist Alexander Slobodyanik.

Aus der Parte anläßlich seines Ablebens


BIOGRAPHY

Alexander Slobodyanik was born in Kiev, Ukraine, and began piano studies with Lidia Golembo in Lviv. At age 15, he was selected to join the studio of legendary Professor Henrich Neuhaus at the Moscow Central Special Music School, where he later completed his Masters and Doctorate at the Moscow Conservatory under Vera Gornostayeva. During that time, he became a laureate of major international competitions such as the Chopin Competition in Warsaw and the Tchaikovsky Competition in Moscow. By the age of 18, Slobodyanik had toured extensively throughout his native Soviet Union and Europe. By recommendation of Sviatoslav Richter, Slobodyanik was discovered by impresario Sol Hurok, and so began his conquering of the West.

Slobodyanik burst onto the American scene in 1968, with a Carnegie Hall debut recital that left the critics hailing him as “a leader of his generation.” He was recognized by premier artists and legends such as Arthur Rubinstein, Vladimir Horowitz and Rosina Lhevinne as “the new star.”

Since that time, Slobodyanik toured extensively throughout Europe, North & South America, South Africa, Australia and the Far East. He graced the stages of Carnegie Hall, Avery Fisher Hall, Kennedy Center, the Barbican in London, La Scala in Milan, Theatre de Champs Elysees in Paris and the Hollywood Bowl. He appeared as soloist with the Chicago, London, Pittsburgh, National, Montreal and San Francisco Symphonies; with the New York, Los Angeles, Royal and St. Petersburg Philharmonics; the Philadelphia, Cleveland and Kirov Orchestras; the Moscow Soloists, Orchestre National de France, and the Gewandhaus Orchestra of Leipzig, under the baton of Leonard Bernstein, Kurt Masur, Sir John Barbirolli, Christoph von Dohnanyi, Valery Gergiev, Mariss Jansons, Neeme Jarvi, Dmitri Kitaenko, Kiril Kondrashin, Mstislav Rostropovich, Genady Rozhdestvensky, Thomas Sanderling, Maxim Schostakovich, Yuri Temirkanov and Yuri Bashmet. Slobodyanik recorded for the Angel, Melodiya, Eurodisc and MCA labels. His discography includes a legendary LIVE-concert recording of all twenty-four Chopin Etudes.

As Founder & Artistic Director of the Morris International Festival of the Arts, to which the re-opening of Morristown’s Community Theatre may be attributed, Slobodyanik performed at its highly-publicized Gala Opening Concert in September 1994 as soloist with St. Petersburg’s Kirov Orchestra, led by Valery Gergiev. Slobodyanik later engaged the world’s top artists to participate in the Festival’s unique and innovative programs, including Maxim Vengerov, Peter Serkin, Gidon Kremer, Yuri Bashmet, Viktor Tretyakov, Joseph Kalichstein, Luba Kazarnovskaya and Vladimir Feltsman; The Orpheus Chamber Orchestra, the Moscow Soloists, the US Military Academy Concert Band and the St. Petersburg Ice Ballet. Special guests included Nobel Prize laureate poet Joseph Brodsky and Evgeni Yevtushenko. Art exhibitions were also made available for viewing for the Morristown community, showcasing ground-breaking original works by Ernst Neizvestny and Mikhail Chemiakin.

During Carnegie Hall’s Centennial Celebration in 1991, Slobodyanik and violinist Gidon Kremer gave the World Premiere of Alfred Schnittke’s Concerto Grosso No. 5 with the Cleveland Orchestra. More recently, other world premieres have included Schnittke’s “Aphorisms,” also at Carnegie Hall, and Alexander Tchaikovsky’s Two-Piano Concerto with pianist Yefim Bronfman and the Pittsburgh Symphony (2003). Both works were dedicated to Alexander Slobodyanik.

(Bilder können unter Alexander Slobodyanik im Internet gefunden werden.)
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24
Jul
2019

VISUAL BASIC 6

Gestern traf ich einen "Kollegen". Eigentlich wurde der Kontakt von meiner Klavierlehrerin vermittelt. Er spielt Klavier und Geige, die letztere allerdings seit zwei Jahren nicht mehr.
Er ist 3 Jahre älter als ich. Aber wir waren Kollegen an der Technischen Hochschule, im gleichen Institut. Er beschäftigte sich mit Plasmalinsen, ich mit der Elektronenbearbeitungsmaschine. Ich kannte ihn damals sicher, aber ich wiedererkannte ihn nicht. Aber Professoren und Kollegen waren uns gleichermaßen vertraut.

Beim Heurigen erzählte er mir, das er noch immer seine Software betraut, mit der er die letzten Jahre selbstständig war. (Industrielle Steuerungselektronik) Ich fand es lustig, dass er alles mit Visual Basic 6 macht. Ich kann es aber einsehen, auch wenn die Software schon mehr als 17 Jahre alt ist. Ich habe mit VB6 auch Programme geschrieben und eigentlich sehr gutes Geld damit verdient, innerhalb der Firma und auch nebenbei mit Genehmigung meines Arbeitgebers.

Heute hatte ich eine kleine Pause und es reizte mich, einen Blick auf VB6 zu werfen. Ich fand eine Anleitung, wie man es unter Windows 10 installieren könnte. Man muss zwei Eingriffe in das Installationsprogramm machen. Aber es hat funktioniert. Und nach 20 Minuten konnte ich das erste kleine Testprogramm starten. In einer vollkommen vertrauten Umgebung. Es ist sagenhaft, was man sich alles über die Jahre merken kann.

So binden sich die Jahrzehnte und Jahren zu ganz kleinen Einheiten. Es war nicht alles schlecht, was es einmal gegeben hat :)
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23
Jul
2019

Z E I T

Was mich interessiert:

a) mein Beethoven-Projekt
b) mein Buch
c) mein Klavierspiel im Allgemeinen
d) analytische Philosophie
e) Quantenrechnung
f) Physik
g) emacs

und momentan liegen fünf Bücher zur Erbauung und Horizonterweiterung vor mir.

Scheiße! Ich habe keine Zeit mehr fern zu sehen. Und Sex schon gar nicht :)
Hoffentlich lebe ich noch lange genug :)

Aber es gibt eine Reihe von Personen, mit denen ich mich angeregt unterhalten kann.
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21
Jul
2019

Ü B E R _ D A S _ Ü BE N

Ich habe schon geschrieben, dass mir mittlerweile auch das Üben Spass macht. Jetzt kommt aber noch etwas Neues dazu. Selbst das Spielen von Tonleitern kann Befriedigung bringen.
Wenn ich mich zum Klavier setze, sind die ersten Töne, egal was ich spiele, immer von Fehlern durchsetzt. Nicht Ungenauigkeiten sondern einfach falsche Tasten. Offenbar muss sich erst die Hirn-Finger-Verbindung richtig konfigurieren. (Übrigens war das früher in der Arbeit, als ich noch Mikroprozessorsteuerungen entwickelt hatte, genauso.)
Jetzt hat mir meine Klavierlehrerin empfohlen, zu Beginn immer Tonleitern zu spielen, wie ich es ja von der Musikschule kannte. Damals war es eine Tortur: ich wollte viel lieber gleich "schöne" Dinge spielen.
Ich habe "empfohlen" geschrieben. Sie schreibt mir nichts vor, aber sie erklärt mir, warum es gut ist.
Und jetzt übe ich Tonleitern. Ich habe beim ersten Mal mit der leichtesten begonnen, nein nicht D-Dur, sondern H-Dur. Das volle Programm: Oktaven, Terzen, Dezimen, Gegenbewegung, Dreiklang, Vierklang, die Hände getrennt: links legato, rechts stakkato. Es dauert in der Regel eine Viertelstunde.
Wenn ich die Tonleiter zum ersten Mal übe, holpert sie noch. Am Tag 2 und Tag 3 geht es dann schon einigermaßen. Eine Verbesserung ist allemal möglich.
Jetzt übe ich die e-Moll. Harmonisch und melodisch. Das ist ja das doppelte Pensum. Aber das Erstaunliche ist, dass es mir jetzt Spass macht. Ich höre mir zu und versuche, die Unregelmäßigkeiten zu entdecken. Natürlich lassen sich Schwächen beim vierten Finger leicht entdecken.

Warum schreibe ich das? Es ist ja nichts Neues und gehört auch zum Lehrplan der Musikschulen. Aber obwohl mein Klavierlehrer sehr, sehr gut war, hatte er nicht die Notwendigkeit gesehen, mir zu erklären, warum es gut ist, sich mit Tonleitern zu beschäftigen. Ja, natürlich lernt man, welche Töne zu welchen Tonarten gehören. Im Endeffekt tut man sich auch mit Mozart und Beethoven leicht. Dass aber auch ein echter Nutzeffekt für die Finger gegeben ist, ein spürbarer, hat mir bis jetzt noch niemand erklärt.

Fazit: es ist nie zu spät, um etwas zu lernen.

P.S: Um bestimmte Kommentare vorweg zu nehmen. Es empfiehlt sich auch, danach mit Bach fortzusetzen und erst dann etwas Romantisches oder Klassisches in Angriff zu nehmen. Habe ich auch schon gelernt :)
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20
Jul
2019

O N K E L _ W A N J A

Gestern habe ich eine Aufführung in Perchtoldsdorf gesehen.
Perchtoldsdorf is ein kleiner Ort, direkt benachbart zum südlichsten Bezirk in Wien.
In den Sommermonaten gibt es überall kleine Festspiele und Theateraufführungen. Die Bühne vor der Burg Perchtoldsdorf ist nur eine der mittlerweile bekannten Theaterproduktionen. Die Werke sind anspruchsvoll und nicht immer nur in Bezug auf den Unterhaltungswert ausgewählt.
Bei den Schauspielern finden sich oft sehr bekannte oder berühmte Gesichter aus Theater und Film.
In diesem Sommer wurde im Juli Onkel Wanja von Tschechov gespielt.

Die Aufführung war grandios. Das Bühnenbild bestand im Wesentlichen aus einem Holzaufbau und erinnerte an Stratfor on Avon. (Minimalistische Shakespeare-Bühne) Der wunderbar gespielte Tschechov ließ nichts zu wünschen übrig. Ich kenne ja die eigentliche Thematik und Sozialkritik, die sehr gut versteckt ist. Dazu kommen aber auch wirklich prophetische Aussagen, die auch die Umweltthematik betreffen. Vielleicht geht es nicht um Voraussage, sondern einfach um eine gut beobachtete menschliche Ignoranz, wie man sie auch heute findet. (Dazwischen liegen Revolutionen und zwei Weltkriege, von denen die Menschen heute absolut nichts begriffen oder gelernt haben.) Eigentlich sollten die Grünen das aufführen. Aber vielleicht meinen sie, dass Dr. Anton Pawlowitsch Tschechov bestimmte Passagen gar nicht erst gemeint hat.
Aber ich hatte das Gefühl, dass auch die Schauspieler voll verstanden hatten, was sie spielen.
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würde ich mich wundern, dass Sie nicht auf meinen Kommentar...
abohn - 7. Mai, 09:56
Gut gewagt!
Ein sehr ansprechender Text! So etwas würde ich auch...
abohn - 25. Apr, 15:30
Eigentlich habe ich deinen...
Eigentlich habe ich deinen Sohn erkannt. Der ist ja...
lamamma - 27. Mär, 12:44
Überrascht
Ich bin wirkliich überrascht, dass gerade Du lamentierst....
lamamma - 26. Mär, 15:30
Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

The bridge


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